Bemerkungen zum Thema Bürgerentscheid

Veröffentlicht am 01.02.2016 in Kommunalpolitik

 

In der letzten Sitzung des Gemeinderats wurde nicht nur der Haushalt beraten, sondern auch ein möglicher Bürgerentscheid über den Bau der Westrandbrücke (richtig: Westrandstraße) diskutiert. Der Antrag der FDP-Fraktion, im jetzigen Zeitpunkt einen Bürgerentscheid anzuordnen, wurde abgelehnt. Auch wir haben gegen diesen Antrag gestimmt. Dies beruht nicht darauf, dass wir grundsätzliche Einwände gegen Bürgerentscheide haben, obgleich anzumerken ist, dass in einer repräsentativen Demokratie die Entscheidungen normalerweise von den dafür von den Bürgerinnen und Bürgern gewählten Gremien zu treffen sind. Dieser Verantwortung haben sich die Mitglieder der Repräsentationsorgane zu stellen.

Nach unserer Auffassung musste der Antrag der FDP-Fraktion abgelehnt werden, weil den Bürgern im derzeitigen Stand der Überlegungen noch keineswegs gesagt werden kann, worüber sie entscheiden sollen. Es ist daran zu erinnern, dass in einem Bürgerentscheid den Bürgern eine Frage gestellt werden muss, die mit „ja“ oder „nein“ beantwortet werden kann. Wer am Volksentscheid über Stuttgart 21 teilgenommen hat, wird sich daran erinnern. Eine solche Frage kann derzeit seriös nicht formuliert werden, da eine Planung der Straße bisher nicht vorliegt, sodass weder deren voraussichtliche Lage, noch deren Höhe und Verlauf bekannt ist und damit natürlich auch nicht Gegenstand einer Entscheidung sein kann. Jetzt einen Bürgerentscheid zu beschließen hätte daher bedeutet, den Bürgern zu sagen, dass sie zwar über etwas entscheiden sollen, dass wir aber noch nicht wissen, über was. Dies halten wir weder für sachgerecht noch für einen respektvollen Umgang mit den Bürgern.

Des Bemerkens wert ist im Übrigen, dass die lautesten Propagandisten des Bürgerentscheids gleichzeitig zu den Lautesten im Chor jener gehören, die den Nord-Ost-Ring fordern – und zwar ohne das Ansinnen, die Bürger der betroffenen Kommunen mögen doch bitte entscheiden, ob auf der Gemarkung ihrer Stadt eine Trasse für den Nord-Ost-Ring freigehalten werden soll oder nicht. Das ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil der Nord-Ost-Ring, so er denn – in welcher Dimensionierung auch immer – irgendwann gebaut werden sollte, im Gegensatz zur Westrandstraße täglich zigtausende zusätzlicher Fahrzeuge auf die Gemarkungen der betroffenen Kommunen bringen wird. Angesichts dieser unterschiedlichen Folgen lägen Bürgerentscheide zum Nord-Ost-Ring durchaus näher, die aber von jenen Lautesten gerade nicht gefordert werden. Man könnte zu der alten Erkenntnis kommen: Es gibt eben laute Menschen und lautere Menschen.

 

Heinz Layher

Fraktionsvorsitzender