Zwischen Kartell und Kuratel

Veröffentlicht am 18.02.2010 in Gemeinderatsfraktion

Anmerkungen zur Haushaltsdiskussion im Remsecker Gemeinderat

Was hat den in Steuer-, Finanz- und Wirtschaftsfragen mitunter so souverän auftretenden FDP-Fraktionsvorsitzenden Bohnert wohl dazu gebracht, die vier ‚Restfraktionen‘ im Remsecker Gemeinderat, die sich darauf geeinigt hatten, den Haushaltsentwurf 2010 durch eine Kompromisslinie genehmigungsfähig zu machen, als ‚Steuererhöhungskartell‘ zu beschimpfen?
Kartellvereinbarungen , also Verträge und Beschlüsse selbständiger Unternehmen zu einem gemeinsamen Zweck, nämlich den, die Erzeugung oder die Marktverhältnisse für den Verkehr mit Waren oder gewerblichen Leistungen durch Beschränkung des Wettbewerbes (spürbar) zu beeinflussen, sind nach dem Gesetz grundsätzlich verboten. Wenn wir also unterstellen, dass der FDP-Mann dies genauso gut weiß wie wir, wenn wir weiter wohlwollend unterstellen, dass er nicht so weit gehen wollte, dass er seinen Gemeinderatskolleginnen und -kollegen die mafiösen Praktiken der Drogenkartelle unterstellen wollte , dann gibt es nur eine Erklärung für diesen hinkenden Vergleich, nämlich die der gekränkten Eitelkeit und den Ärger darüber, nicht mit ins gemeinsame Rettungsboot genommen worden zu sein.
Dafür haben wir nun wieder ein gewisses Verständnis. Nachdem sich selbst die CDU-Fraktion auf eine ‚Koalition der Vernunft‘ eingelassen hatte , war das sicher geglaubte schwarz-gelbe Bündnis zerbrochen und Enttäuschung, Ärger und Wut drängten zum Ausdruck.
Die SPD Fraktion freut sich über den erreichten Kompromiss des ‚Steuerkartells‘. Denn damit konnte verhindert werden, dass der Remsecker Haushalt und damit die Handlungsfähigkeit von Gemeinderat und Verwaltung unter das Kuratel , also die Vormundschaft, Pflegschaft, Aufsicht des Regierungspräsidiums gestellt worden wäre.Unsere am Beginn der neuen Gemeinderatsperiode geäußerte Erwartung an uns selbst und die anderen Fraktionen, ‚einen anderen gleichberechtigten Umgang miteinander zu pflegen und das Denken und Handeln darauf auszurichten, gemeinsam Lösungen zu gestalten statt Probleme zu verwalten‘ hat damit die erste wichtige Bewährungsprobe bestanden.
Mit der Verabschiedung des Haushalts 2010 wurden die entscheidenden Grundlagen gelegt, dass drei wichtige Forderungen unseres Kommunalwahlprogrammes umgesetzt werden können:
1. Wohnqualität und Familienfreundlichkeit weiter auszubauen kostet Geld, das die Kommune - mindestens in Remseck - nicht über Gewerbesteuerzuwächse sondern nur über Einkommens- und Grundsteuer erwirtschaften kann. Unser Antrag, im Rahmen einer Klausur tagung des Gemeinderates den nächsten Haushalt 2011 rechtzeitig einer Aufgabenkritik zu unterwerfen wurde einstimmig zugestimmt. Pauschale Kürzungen des Personal- und Sachetats , wie sie von der FDP und der CDU gefordert wurden, haben wir dagegen als kontraproduktiv grundsätzlich abgelehnt.
2. Das Miteinander der Generationen (‚Jung und Alt gestalten unser attraktives Remseck‘ kurz JAGUAR) haben wir im Rahmen der Haushaltsberatungen mit zwei konkreten Anträgen zu generationenübergreifenden Wohnprojekten konkretisiert. Wir freuen uns, dass die Verwaltung zugesagt hat, im Zusammenhang mit der neugeschaffenen und seit 01.02.10 besetzten Stelle für das bürgerschaftliche Engagement unseren Antrag auf ‚Wohnen mit Hilfe‘ aufgreifen zu wollen. Unser Projektvorschlag zu einem Mehrgenerationenhaus soll im Zusammenhang mit den Planungen zur Neckarkanalstraße und zur Neuen Mitte aufgegriffen werden.
3. Neue Formen der Bürgerbeteiligung und des ehrenamtlichen Engagements sind nicht kostenneutral sondern brauchen finanzielle und professionelle Unterstützung einer leistungsfähigen Verwaltung. Die Änderungder Hauptsatzung am Rande der Haushaltsberatung fand unsere Zustimmung vor allem deshalb nicht, weil wir allein in der Reduktion der Beigeordneten, ohne eine echte Veränderung der Organisationsstruktur der Gesamtverwaltung ,keinen Durchbruch sehen – weder finanziell noch hinsichtlich der Leistungsfähigkeit der Verwaltung. Wir gehen aber davon aus, dass die Verwaltung dies erkennen wird und gerade jetzt, mit nur einer Beigeordnetenstelle , die Weiterentwicklung in Richtung auf eine moderne und effektive Verwaltungsorganisation, wie die SPD Fraktion dies in einem weiteren Antrag eingebracht hatte, vorantreiben wird. Im Sinne der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor allem aber auch im Sinne der Bürgerinnen und Bürger.
Für die SPD Remseck a.N.
gez. Angelika Feurer
stv. Ortsvereinsvorsitzende
Stadträtin