Stellungnahme der SPD-Fraktion zum Haushalt 2008

Veröffentlicht am 11.12.2007 in Pressemitteilungen

Sitzung des Kreistages, 07.12.07
Rede der Kreistagsabgeordneten Judith Raupp

Sehr geehrte Damen und Herren,
Sehr geehrter Herr Landrat,

Der vorliegenden Haushaltsplan 2008, den wir heute verabschieden, ist ein besonderes, ja erfreuliches Planwerk. Zentral bei den Beratungen war die Diskussion darüber, wie stark die Kreisumlage denn gesenkt werden soll. Ob 3,5 % Punkte oder nach der neuesten Steuerschätzung im November sogar um 4% Punkte.
Es stellt sich also die Frage, was ist zu einem solchen Haushalt denn anzumerken ?
Ist alles gut – gibt es nichts zu sagen?
Aber, sind wir auf die Aufgaben für die Zukunft vorbereitet?
Und...
Was sind die Aufgaben der Zukunft?

Der Wandel der Gesellschaft aufgrund der demografischen Veränderungen ist inzwischen absehbar und hieraus lassen sich konkrete Aufgabenstellungen ableiten. Auch wenn die Prognosen für den Landkreis Ludwigsburg im Vergleich zu anderen positiver sind – vor uns liegen Aufgaben, für die jetzt die Weichen gestellt werden müssen und nicht erst im Jahr 2025 wenn, nach Vorausrechnung des Statistischen Landesamtes die Gruppe der Erwerbstätigen und damit der Anteil derer, die die Steuer- und Abgabenlast tragen, gerade noch 50% betragen wird.

Ausgehend von dieser und ähnlichen Vorausberechnung müssen aus Sicht der SPD Schwerpunkte für die Arbeit und das Handeln gesetzt werden und zwar jetzt!

Von zentraler Bedeutung ist hierbei die Standortsicherung für den Landkreis Ludwigburg.

Hierzu zählen wir den ÖPNV. Die Zusammenhänge der Finanzierung wurden hier ja schon häufig erörtert. Eine klarere Entscheidungs-grundlage hat sich aber bis heute noch nicht ergeben. Deshalb steht für die SPD die Transparenz der Kosten nach wie vor an erster Stelle der Maßnahmen. Der eingeschlagene Weg muss zu Ende gegangen werden bevor die Richtung wieder gewechselt wird!

Erst nachdem eine Transparenz über die Kostenstruktur des öffentlichen Personennahverkehrs in der Region offen auf dem Tisch liegt, können weitere Weichen gestellt werden. Das Bild der „Weiche“ drängt sich mir dabei schon fast auf. Denn aus unserer Sicht muss sich ein zukunftsfähiger ÖPNV in einer Wirtschaftsregion wirklich auf Weichen, also auf die Schiene konzentrieren, überall dort, wo sich die Chance ergibt und der finanzielle Aufwand mittel- bis langfristig vertretbar ist.

Als weiteren Faktor der Standortsicherung sehen wir die Wirtschaftsförderung und ich erinnere hier an die von der SPD schon seit langem geforderte Stelle eines Wirtschaftsförderers für den Landkreis Ludwigsburg. Die Nachbarkreise zeigen uns, wie es geht und wir sehen die Gefahr, dass wir in der Region an den entscheidenden Stellen nicht mehr wahrgenommen werden, weil wir keinen Wirtschaftsförderer haben !

Es geht darum, einen Ansprechpartner bzw. eine Ansprechpartnerin im Landkreis zu haben und sich nicht bei verschiedene Stellen und Städten „durchfragen“ zu müssen bzw. im Zweifel im Landkreis Ludwigsburg eben gar nicht mehr nachzufragen. Aus unserer Sicht muss der Landkreis hier eine Vernetzungsfunktion auch für die kleineren Städte und Gemeinden im Landkreis wahrnehmen. Hier gibt die Wirtschaftsregion Stuttgart uns viele positive und erfolgreiche Beispiele, was die Bündelung der Kräfte und der interkommunalen Zusammenarbeit in diesem Bereich bewirken kann.

Ich komme zu einem so genannten weichen Standortfaktor – der Naherholung im Allgemeinen und ganz konkret zum Landschaftspark Neckar!

Die SPD Fraktion befürwortet die Bemühungen der Region Stuttgart ausdrücklich und hält diese für wichtig und richtig. Denn wir müssen über Lebensräume für 4 Generationen nachdenken! Dies ist aber auch ein Beispiel dafür, dass wir zukünftig in noch mehr Bereichen über die Kreisgrenze hinaus denken und handeln müssen. Künftig werden viele Probleme nicht mehr alleine zu lösen sein. Es gilt
l interkommunale Standards zum Schutz der Umwelt festzulegen
l mit anderen gemeinsame Visionen zur Naherholung zu entwickeln
l und trotzdem gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen den Landkreisen zu schaffen.
Hier sehen wir noch Beratungs- und Handlungsbedarf für die kommenden Jahre. Wir fordern die Verwaltung deshalb auf, diesen Themenbereich auf die Agenda des zuständigen Ausschusses zu setzen.

Den nächsten großen und für uns sehr wichtigen Bereich möchte ich mit einem Zitat überschreiben, das wir aus einer Vorlage kennen.

Es stammt aus Finnland: Wir brauchen hier jeden, hoffnungslose Fälle können wir uns nicht leisten“.
Aus dieser Aufforderung lassen sich einige Handlungsfelder ableiten. Zentral ist hierbei der umfassende Bereich der Bildung. Bezogen auf die Aufgaben des Landkreises und dieses Gremiums bildet damit die Ausbildung an unseren Berufsschulen einen Schwerpunkt. Hier haben wir im vergangenen Jahr wie auch schon in den Vorjahren Ausbildungen dem Bedarf angepasst – das ist gut so und weiterhin eine wichtige Aufgabe.

In anderen Bereichen haben nicht alle in diesem Gremium die Chancen, die wir in diesem Jahr hatten, genutzt!
Es geht um die Schulsozialarbeit !

Auf Antrag der SPD haben die Schulleitungen der beruflichen Schulen den Bedarf an Schulsozialarbeit erhoben und 5 Stellen für erforderlich gehalten. Diese fanden dann auch die Zustimmung im Fachausschuss – dem KuSa.
Im „allmächtigen“ Verwaltungsausschuss hat sich die Mehrheit gegen die Empfehlung des Fachausschusses ausgesprochen. Übrig geblieben sind lediglich 3 Stellen.
Wir halten dies für einen schlechten demokratischen Stil, wenn das Votum des Fachausschusses nicht anerkannt wird.
Dies umso mehr, weil die finanziellen Mittel für die Maßnahme vorhanden sind. Zum andern ist aus unserer Sicht ein Chance vertan, im Sinne des eingangs erwähnten Zitats.

Wenn wir es nicht schaffen, dass Schülerinnen und Schüler unserer beruflichen Schulen Unterstützung durch sozialpädagogisches Personal erhalten – dann haben wir viele Chancen verpasst.
l nämlich die, dort zu helfen, wo Hilfe notwendig ist,
l dort zu sein, wo die Jugendlichen mit ihren Probleme sind,
l Hilfestellungen zu geben beim schwierigen Übergang von der Schule in den Beruf, der entscheidend ist für den Lebensweg der jungen Menschen.
l Lehrerinnen und Lehrer zu unterstützen, dass sie sich auf ihre Aufgaben und Kompetenzen konzentrieren können und nicht „Mädchen für alles sein müssen“
l in vielen Fällen „Schlimmeres zu verhindern“, nämlich dort, wo durch die Hilfe der Schulsozialarbeit Jugendliche in Arbeit gebracht werden und nicht in schwierigen Kreislauf der Erwerbslosigkeit kommen. Und wir dies mit all den sozialen und gesellschaftlichen Konsequenzen tragen müssen. Abgesehen hiervon zieht die Erwerbslosigkeit natürlich auch einen erheblich höheren finanziellen Aufwand für die Allgemeinheit nach sich!

Wir finden es falsch um einen erhobenen Bedarf zu feilschen! Unser Anliegen ist es, die Schulleitungen und damit den ermittelten Bedarf ernst zu nehmen! Alle kreiseigenen Schulen sollen die gleichen Voraussetzungen haben. Wir wollen nicht auszählen, wo es denn vielleicht doch nicht ganz so dringend ist – übrigens genau so lange, bis wir einen Vorfall in einer Schule haben, der alle aufschreckt und wir im Nachhinein betroffen sind, wie so etwas passieren konnte!

Die SPD Fraktion beantragt heute die erneute Abstimmung über alle 5 Stellen der Schulsozialarbeit für die beruflichen Schulen!

Ich hab ausgeführt, dass Sozialarbeit an den Schulen eine „Schanierstelle“ ist, weil hier die Jugendlichen sind und hier die Maßnahmen vernetzt werden können.
Jugendhilfe, .Gesundheitsvorsorge und Schule gehören in die Zuständigkeit des Landkreises.

Die Überlegung, die Verwaltungsreform im Bereich der Schulämter wieder zurück zu nehmen ist aus unserer Sicht ein Schritt in die falsche Richtung. Abgesehen von den genannten fachlichen Gründen, könnte man fast den Verdacht habe, dass die Verwaltungsrefom dem Land zu viel Öffentlichkeit bei „ihren“ Schulen nach sich gezogen hat. Man denke nur, an die -für das Kinderland Baden-Württemberg- unangenehme Erfahrung, dass sich Landräte öffentlich über Lehrermangel beklagen.

Wir brauchen jeden, hoffnungslose Fälle können wir uns nicht leisten“.
Richtig ist es auch, Mittel in die Prävention zu investieren. Deshalb befürwortet die SPD, dass wichtige und erfolgreiche Projekte wie „chill out“ durch finanzielle Umschichtungen weiter erhalten bleiben. Prävention muss die Prämisse für unser Handeln sein. Frühzeitig und vor Ort einzugreifen und nicht abzuwarten, bis der Notfall eingetreten ist. Dies ist eine zentrale Rolle des Landkreises. Prävention und bedarfsgerechte Hilfe ist häufig eine Frage der guten Abstimmung und Vernetzung. Hierauf müssen wir unser Augenmerk lenken. Auch in Zukunft muss geprüft werden, an welcher Stelle, welche Maßnahme von welcher Institution am besten, d.h. mit der größten Aussicht auf Erfolg, wahrgenommen werden kann.

Die Aufgabenstellungen in diesem Bereich gehen uns bestimmt nicht aus. Ich erinnere nur an den §8a zum Schutz des Kindeswohls. Nach unserer Einschätzung muss hier die Vernetzung mit Kindertageseinrichtungen und Schulen noch konkretisiert werden.

Von den Kindern komme ich zu den „Alten“ bzw. den Hochbetagten und Pflegebedürftigen. Das „klassische“ Thema des demografischen Wandels. Dank einer vorausschauenden Politik sind wir hier gut aufgestellt. Der Weg, dezentrale, kleine und trotzdem wirtschaftlich tragbare Einheiten zu schaffen war der Richtige. Unsere „Kleeblätter“ sind ein Erfolgsmodell.

Die Versorgung mit Pflegeplätzen ist gesichert. Dies ist für uns jedoch kein Grund, sich zurück zu lehnen und dem „Markt“ das weitere zu überlassen. Das Gegenteil ist der Fall. Wir wollen die Versorgung alter Menschen eben nicht allein dem Markt überlassen. Es gilt wachsam zu sein.

Es ist notwendig und richtig, dass der Kreispflegeplan fortgeschrieben wird. Trotz der zur Zeit guten Versorgung von Pflegeplätzen im Landkreis besteht mittelfristig Handlungsbedarf in der Kurzzeit- bzw. Tagespflege. Derzeit werden über 60% der Pflegbedürftigen zu Hause betreut und dies ist eine Aufgabenstellung, die in Zukunft nicht weniger, sondern mehr wird!

Wie sollen denn sonst die jungen Menschen von heute ihren Berufsalltag in 20 Jahren bewältigen? Wenn Sie erwerbstätig sein müssen (ich erinnere an die Zahl von 50% Erwerbstätigen im Jahre 2025) und dann auch noch die Eltern pflegen wollen (oder müssen?). Das Schlagwort der Zukunft ist also nicht mehr nur die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sondern von Pflege und Beruf!

Nachdem ich den Bogen vom ÖPNV, über Wirtschaftsförderung und Naturschutz hin zu den Menschen gespannt habe, komme ich zum letzten Thema meiner Stellungnahme zum Haushalt im Jahre 2008 – der Generationengerechtigkeit im Umgang mit unseren Ressourcen, insbesondere den finanziellen Mitteln!

Die SPD hält den Abbau von Schulden für die nachhaltigste Form der Kreisumlagensenkung. Genau aus diesem Grund hätten wir uns gewünscht, die „zusätzlichen Mittel“ nach der aktuellen Steuerschätzung nicht für eine weitere Senkung der Kreisumlage auf 34,5% zu verwenden sondern diese Mittel für die Tilgung der Schulden zu nutzen! Den Gesamthaushalt werden wir deshalb jedoch nicht ablehnen.

Wir verknüpfen dies jedoch mit einem Auftrag an die Verwaltung. Ein Blick in den Haushaltsplan auf die Seiten 24ff. zeigt, dass die Verwaltung sich sehr wohl damit beschäftigt, in Zukunft keine neuen Schulden auf zu nehmen. Dies ist gut, geht uns jedoch nicht weit genug. Aus Sicht der SPD muss dieser Blickwinkel erweitert werden. Es geht nicht nur darum, keine neuen Schulden zu machen, nein – wir wollen eine Perspektive, wie die Schulden (zumindest ein Großteil der Schulden) mittelfristig abgebaut werden können! Es geht uns um die Standortsicherung des Landkreises selbst!

Lassen Sie mich die Chance nutzen nach dieser Kritik mit einem Lob meine Stellungnahme abzuschließen. Wir freuen uns über den guten Jahresabschluss 2006 und werden dem unter TOP 3 aufgerufenen Punkt der „Feststellung der Jahresrechnung“ natürlich gerne Zustimmen.