Bunt malen dürfen

Veröffentlicht am 19.12.2023 in Kommunalpolitik

Darf’s ein bisschen weihnachtlich sein?

 

Weihnachten ist eine besondere Zeit. Da spielt es keine Rolle, ob man gläubig ist oder nicht, ob man das Fest mag oder nicht (ich mag nicht, was daraus geworden ist). Entziehen kann man sich dem Flair dieser Zeit nicht. Da werden die Gedanken tiefsinniger, die Filme sentimentaler, die Lieder kitschiger und die Konten leerer. Weihnachten – da passiert Wundersames.

Konstantin Wecker, Musiker, Liedermacher, Schriftsteller und Anarchist: „Ich war schon immer der Meinung, dass die Chance des Künstlers darin besteht, bunt malen zu dürfen im Gegensatz zum Schwarz-Weiß der Politik.“ Was für den Künstler gilt, nehme ich auch für mich als Stadtrat in Remseck in Anspruch: Bunt malen zu dürfen. Das heißt, Wunder zu sehen und bunt ausmalen zu dürfen. Ich sehe das Wunder, in einem Land (und in einer Stadt) leben zu dürfen, in dem es den Menschen gut geht.

78 Jahre Frieden. 78 Jahre in denen der Wohlstand gewachsen ist. 78 Jahre in denen Menschen aus aller Herren Länder hier in Remseck Heimat gefunden haben. Dies gilt auch in besonderer Weise für die Menschen, die sich hier in Remseck als einstige „Gastarbeiter“ niedergelassen haben. Aber natürlich auch für alle Geflüchteten die in Remseck – auch wenn noch in Containern lebend- hier eine neue Heimat gefunden haben.

In den 78 Jahren war unser Land fast immer unter den fünf reichsten Ländern der Erde, und nach BIP pro Kopf immer unter den TOP 20. Ist das nicht wunderbar? Wer 70 Jahre und jünger ist, hat in einem Land gelebt, in dem es, von kleinen Dellen abgesehen, immer nur aufwärts ging. Der dunkle Fleck auf diesem schönen Bild ist die Verteilung des Vermögens in Deutschland. Von den Wirtschaftswunderzeiten bis zur Wiedervereinigung wurde das Vermögen immer gleicher verteilt, seit den 1990ern jedoch stieg die Ungleichheit auf ein Niveau, das Deutschland in der Eurozone die höchste Ungleichverteilung von Vermögen beschert (Quelle u.a. Wikipedia).

Es gibt die wundersam bunte Entwicklung für Deutschland weiterhin! Aber nur für ungefähr 10 % der Bürger. 60 % besitzen so viel Vermögen, wie die reichsten 10 %, die restlichen 30 % besitzen nichts oder sie sind dazu noch verschuldet (Quelle: Hans Böckler Stiftung). Die reichsten 10 % freuen sich, wenn sich die da unten – also der größte Teil der Bevölkerung – um die Brosamen streiten, die von ihren Tischen fallen. Um die Vermögensverteilung gerechter und das ganze Bild wieder bunter zu machen, müsste in Berlin der Wille dazu vorhanden sein, aber dort wird nur Schwarz-Weiß gemalt, egal welche Regierung gerade das Sagen hat.  

Weihnachten – da passiert Wundersames. Wundersam kann es auch sein, die Realität einmal anders zu sehen. Vielleicht haben wir den Zenit überschritten. Den Höhepunkt des immer mehr. Dies wurde uns schon in den letzten Jahren bewusst, als der Kämmerer den Haushalt für die kommenden Jahre vorstellte. Immer weniger Möglichkeiten frei über den Haushalt zu entscheiden, immer mehr Ausgaben für die Pflichtaufgaben. Der Spielraum ist enger geworden. Die Stadträtinnen und Stadträte haben immer weniger die Möglichkeit zur Gestaltung. Dies wird sich auch im nächsten Haushalt zeigen.

Wir, als Gemeinderat, werden uns trotzdem bemühen, die Stadt vorwärtszubringen. Wir haben die Zukunft in den Blick genommen: mit dem Stadtentwicklungskonzept, mit der Westrandbrücke, mit dem Baugebiet östlich Marbacher Straße, mit der Neuen Mitte.

Im Namen des SPD-Ortsvereins und der SPD-Gemeinderatsfraktion wünschen wir Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gutes friedvolles neues Jahr.

Achim Dürr

Stadtrat