Stadtkämmerer Kellert verabschiedet sich mit neuem Haushaltsrecht und ausgeglichenem Haushalt
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,
wir beraten und verabschieden in einer Periode anhaltend guter Konjunktur einen Haushaltsplan, dem eine hohe städtische Einnahmeerwartungzugrunde liegt. Es handelt sich dabei um in doppeltem Sinne ordentliche Erträge des Ergebnishaushalts. Das trägt dazu bei, dass wir die in Angriff genommenen Investitionen finanzieren können. Wir wissen aber alle, dass wir hierfür auch hohe Kredite benötigen. Dies engt den finanziellen Spielraum in den nächsten Jahren ein. Auch wenn kein wirtschaftlicher Einbruch erfolgen sollte, werden wir nicht alle Wünsche erfüllen können. Dies ist allerdings für Remseck nichts Neues.
Im laufenden Jahr 2018 werden wir aber das Ziel eines ausgeglichenen Ergebnishaushalts erreichen, wenn die dem Haushaltsplan zugrunde liegenden Erwartungen hinsichtlich der Steuern und Abgaben eintreffen und die ebenfalls vorausgesetzte Ausgabendisziplin eingehalten wird. Auf beides sollten Gemeindrat und Verwaltung nicht nur hoffen, sondern achten.
Alle, die im letzten Jahr an den Beratungen der Haushaltsstrukturkommission teilgenommen haben, haben deutlich gesehen, wie schwierig es ist, die Ausgaben der Stadt zu drosseln oder umzuschichten oder gar Ausgabenpositionen zu streichen. Nichts davon geht, ohne jemandem weh zu tun. Auch Einschnitte in die von der Stadt freiwillig übernommenen Aufgaben sind eben für alle daran Beteiligten schmerzlich. Selbstverständlich anerkennen wir, dass jede Ausweitung der kommunalen Aufgaben und auch jede Steigerung der Qualitätsanforderungen in der Regel mit steigendem Personalbedarf verbunden ist. Aber wir sehen auch, dass wir uns in einem kritischen Bereich befinden, wenn die Personalkosten 30 % der Ausgaben des Ergebnishaushalts ausmachen. Gemeinderat und Verwaltung bleiben deshalb zu Aufgabenkritik aufgefordert.
Vorderhand hoffen wir, dass die dem Haushaltsplan und der Finanzplanung zugrunde liegende zentrale Annahme sich realisiert, dass es nämlich im Planungszeitraum keine wesentliche Abschwächung der Konjunktur, sondern weiteres Wirtschaftswachstum geben wird.
Auch die anders geartete Darstellung des doppischen Haushalts hat nichts daran geändert, dass Remseck nach wie vor in hohem Maß von der allgemeinwirtschaftlichen Lage abhängig ist. 30 % unserer jetzt ordentliche Erträge des Ergebnishaushalts genannten Einnahmen bestehen aus unserem Anteil an der Einkommensteuer, 21,5 % sind Schlüsselzuweisungen des Landes, 9,1 % machen die zweckgebundenen Zuweisungen nach dem FAG aus. Mit anderen Worten: Mehr als 60 % der ordentlichen Erträge des Ergebnishaushalts stammen nicht aus eigenen Steuern oder Gebühren der Stadt. An dieser Struktur wird sich auch durch die Ansiedlung im Gewerbegebiet Rainwiesen II nichts Wesentliches ändern. Wir müssen daher das Unsere dafür tun, dass Remseck in der dynamischen Region ein attraktiver Wohnstandort besonders für junge Familien bleibt.
Es ist sinnvoll, dass wir die bekannten großen Investitionen in Angriff genommen haben. Der Remsecker Gemeinderat hat ja lange mit sich gekämpft, bis er sich zum Bau des neuen Rathauses, der Stadthalle und des Kubus durchgerungen hat. Erleichtert wurde diese Entscheidung durch das derzeitige Zinsniveau. Wesentlicher ist aber natürlich, dass es richtig ist, die Verwaltung zusammenzuführen. Und richtig ist es auch, der Stadt durch den Bau der Stadthalle ein neues Forum für Gemeinschaftsveranstaltungen der Kommune, der Kirchen, der Vereine und auch externer Veranstalter zu schaffen. Dies wird unserer Meinung nach zu einem qualitativ verbesserten kulturellen Angebot an die Bürgerinnen und Bürger führen. Ob dies auch mit der in Aussicht genommenen gemischten Nutzung des Kubus gelingt, wird sich zeigen. Es ist ja bekannt, dass wir eine Nutzung als zentrale Mediathek befürwortet haben.
Damit kein Missverständnis entsteht: Rathaus und Stadthalle sind nicht die „Neue Mitte“, sondern allenfalls der Einstieg in dieses Projekt. Mit der „Neuen Mitte“ sollen Wohnraum für ca. 650 bis 800 Menschen und neue Dienstleistungsangebote geschaffen werden. Dass dies ohne veränderte Verkehrsführung nicht umzusetzen ist, sollte jedem klar sein. Ebenso klar ist aber, dass wir mit der „Neuen Mitte“ die größte im Flächennutzungsplan ausgewiesene Fläche für neuen Wohnraum haben. Es wäre mehr als fahrlässig, diese Chance nicht zu nutzen, zumal sich im mittleren Neckarraum eine Situation entwickelt hat, in der ganz normales Wohnen zum Luxuszu werden droht. Auch und gerade eine prosperierende Region kann nicht tatenlos hinnehmen, dass menschliche Grundbedürfnisse unbezahlbar werden. Die Stadt wird alle Möglichkeiten auszuschöpfen haben, zur Schaffung bezahlbarer Wohnungen beizutragen. Wir befürworten deshalb die rasche Umsetzung der geplanten und angedachten Projekte des sozialen Wohnungsbaus. Dabei geht es keineswegs nur um die Anschlussunterbringung Geflüchteter, sondern um bezahlbaren Wohnraum für jene, die von der Wirtschaftsentwicklung der letzten Jahre nicht in gleichem Maß profitiert haben, wie andere. Bei aller Zufriedenheit mit der konjunkturellen Entwicklung kann doch niemand übersehen, dass die Ergebnisse des wirtschaftlichen Handelns in der Gesellschaft skandalös ungleich verteilt sind. Wenn 5 % der Haushalte in der Bundesrepublik 51 % des Volksvermögens besitzen, dann kann ja niemand ernsthaft behaupten, dies beruhe auf der Leistung jener 5 %. Soweit es in den Möglichkeiten der Stadt liegt, muss der Spaltung der Gesellschaft entgegengewirkt werden.
Eine Steigerung der Standortqualität erwarten wir uns auch von den Projekten, die im Rahmen der Interkommunalen Gartenschau 2019 realisiert werden. Die Remsmündung wird attraktiver werden, der Neckarstrand wird leichter und besser zu erreichen sein. Auch die übrigen Projekte sind geeignet, unsere Stadt aufzuwerten und zum Gelingen der Gartenschau beizutragen. Ein besonderer Dank gebührt den Bürgerinnen und Bürgern, die sich bei der Vorbereitung der Gartenschau in außergewöhnlicher Weise engagiert haben. Die Bürgerprojekte sind ein Ergebnis dieses Engagements. Sie werden die Gartenschau bereichern.
Richtig ist es auch, dass Remseck die Grundschule Pattonville – großteils durch einen Neubau – für die Anforderungen einer Ganztagsschule fit macht. Damit hat diese Grundschule aus jetziger Sicht für Jahre die baulichen Voraussetzungen des Ganztagesbetriebs. Es ist klar, dass damit nicht das Ende des Ausbaus des Bildungsangebots erreicht ist. In der Finanzplanung sind bereits erhebliche Mittel für die Sanierung der Grundschulen Hochberg und Neckarrems vorgesehen. Wir sind jedoch der Auffassung, dass es höchste Zeit ist, ein Konzept für die künftige Nutzung des Aldinger Schulareals einschließlich des Geländes der Gemeindehalle zu entwickeln. Diesem Ziel dient unser entsprechender Antrag.
Insgesamt gesehen halten wir es für notwendig, ein klares und verbindliches Konzept für die Entwicklung der Remsecker Schullandschaft zu entwickeln. Konzeptionslose Einzelmaßnahmen und das spontane Schließen von Versorgungslücken sind nicht mehr ausreichend oder gar zielführend. Dies gilt nicht nur für die Schulentwicklung, sondern auch für den Bereich der Kinderbetreuung, in dem nach wie vor Handlungsbedarf besteht. Auch das hat natürlich erheblichen Einfluss auf die Attraktivität des Wohnstandorts Remseck.
Unsere Verkehrsbelastungberuht in erster Linie auf unserer geografischen und topografischen Lage. Dies ist aus meiner Sicht nicht der Ort, die Verkehrsproblematik grundsätzlich zu diskutieren. Deshalb nur soviel: Wir unterstützen das Projekt der Stadtbahnverlängerung nach Ludwigsburg und ggf. Markgröningen. Wir unterstützen die Westrandstraße/-brücke, ohne die es kein Wohngebiet „Neue Mitte“ geben kann. Und wir sind natürlich daran interessiert, die Belastungen der Remsecker Bürger auch durch kleinere Maßnahmen zu reduzieren. Deshalb waren wir für den Versuch, den Schleichverkehr über die Aldinger Wehrbrücke durch verkehrslenkende Anordnungen und Maßnahmen einzudämmen. Es hat sich aber gezeigt, dass diese Anordnungen nur von einem kleinen Teil der Verkehrsteilnehmer beachtet werden – was weitgehend folgenlos bleibt, weil die Einhaltung der Anordnungen nahezu nie überwacht wird. Die zuletzt festgestellte Steigerung des Schleichverkehrs mag auch damit zusammenhängen. Jedenfalls sind wir der Meinung, dass die Anordnungen entweder regelmäßig zu überwachen oder aufzuheben sind. Diesem Anliegen dient unser Antrag. Es kann nicht hingenommen werden, dass derjenige der Dumme ist, der sich rechtmäßig verhält.
Alle angesprochenen Punkte sind wichtige Elemente für die Lebensqualität eines Wohnstandorts. Aber Geld ist nicht alles: Das wichtigste Element einer lebenswerten Stadt sind die Bürgerinnen und Bürger selbst. Und hierzu dürfen wir dankbar festhalten, dass unsere Einwohner für ein reges Leben in der Stadt sorgen. Ihre Beteiligung und Mitarbeit nicht nur in Projekten der Bürgerbeteiligung, sondern in den zahlreichen Vereinen und Initiativen ist bemerkenswert. Besondere Anerkennung verdient die Bereitschaft gerade junger Menschen zu einer Mitgliedschaft bei der Freiwilligen Feuerwehr. Ein ganz besonderer Dank gebührt den Mitwirkenden des AK Asyl, die eine beispielhafte Integrationsleistung erbringen.
Insgesamt gesehen stimmt die SPD-Fraktion dem Haushaltsplan, der Finanzplanung und den Wirtschaftsplänen der beiden Eigenbetriebe zu.
Lassen Sie mich noch einige wenige Bemerkungen zum neuen Haushaltsrecht machen. Die wirtschaftlichen Tatsachen und die Aufgaben der Stadt hängen nicht davon ab, in welchem System man die für den Haushalt maßgeblichen Zahlen erfasst. Remseck ist und bleibt eine strukturschwache Stadt. Der Gemeinderat hatte bisher darauf zu achten, die Leistungsfähigkeit der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger nicht zu überfordern. Darauf wird auch in Zukunft zu achten sein, zumal unser Spielraum durch die beschlossenen Kreditaufnahmen enger wird. Das neue Haushaltsrecht wird uns vielleicht Erkenntnisse über mögliche Optimierungen des Verwaltungshandelns verschaffen. Das neue Haushaltsrecht bringt es aber auch mit sich, dass im Gegensatz zu früher jetzt nicht nur das bewegliche Vermögen, sondern auch die Grundstücke der Stadt – ohne Rücksicht auf deren Verkehrsfähigkeit – vollständig erfasst und bewertet sind. Der zu erwartende Wertverlust drückt sich in den Abschreibungen aus, die von einer starken halben Million Euro auf über 4 Millionen Euro ansteigen. Diese Abschreibungen – so die Grundüberlegung des Haushaltsrechts – sollen im laufenden Betrieb erwirtschaftet und, um für den späteren Erneuerungs- oder Sanierungsbedarf vorzusorgen, an sich der Rücklage zugeführt werden. Das macht natürlich niemand, denn es ergäbe keinen Sinn, diese Mittel jahrelang vorzuhalten. Vielmehr werden die erwirtschafteten Mittel zum großen Teil zur Finanzierung von Investitionen herangezogen. Problematisch ist, dass Doppik dazu führt, dass Investitionen zwar das Aktivvermögen der Stadt vergrößern, damit aber gleichzeitig die Abschreibungen erhöht werden. Hier zeigt sich ein grundlegender Unterschied zur gewerblichen Wirtschaft, deren Bilanzierung Doppik nachgebildet ist. In der Wirtschaft dienen Investitionen in der Regel dem Ziel einer Steigerung der Ertragskraft des Unternehmens. Gelingt dies, dann können höhere Abschreibungen gut erwirtschaftet werden. Kommunen investieren normalerweise in Schulen, Kindertagesstätten, Sporthallen, Verwaltungsgebäude und Straßen, Feldwege und Treppen. Solche Investitionen führen nicht zu höheren ordentlichen Erträgen des Ergebnishaushalts. Das bedeutet, dass Investitionen die Ertragskraft der Kommune verschlechtern, da zum Haushaltsausgleich höhere Abschreibungen erwirtschaftet werden müssen. Schon diese eher paradoxe Folge zeigt, dass Doppik auch nicht der Weisheit letzter Schluss für die Beurteilung der Situation der Kommunen ist. Damit soll nicht gesagt werden, die Erwirtschaftung der Abschreibungen solle nicht angestrebt werden. Dies sollte selbstverständlich ein Ziel der Haushaltsgestaltung sein; panische Reaktionen verbieten sich aber, wenn dieses Ziel gelegentlich nicht erreicht wird.
Wichtiger ist jedoch, dass allen klar sein sollte, dass wir unabhängig vom Aufbau des Haushaltsplans und der Jahresrechnung auch künftig nur im Rahmen des Möglichen handeln können.
Ich nehme die Gelegenheit wahr, mich namens der Fraktion bei den Mitarbeitern der Kämmerei für die Bewältigung der Aufgabe der Überleitung des kameralen Haushalts in den vorliegenden doppischen Haushaltsplan zu bedanken. In diesen Dank schließen wir auch die übrigen Mitarbeiter der Verwaltung ein, denn es ist klar, dass diese Überleitung auch ihnen zusätzliche Arbeit eingetragen hat. Unser besonderer Dank gilt Herrn Kellert und zwar nicht nur für die Erarbeitung und Vorlage dieser Pläne, sondern für die hervorragende Leistung, die er in vorbildlicher Weise in den letzten Jahrzehnten für die Stadt Remseck erbracht hat. Möge dies seinem Nachfolger nicht Hypothek, sondern Ansporn sein.