Stellungsnahme zum Haushalt 2011

Für die Kommunen ist die Krise nicht zu Ende

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

zunächst darf ich mich namens der SPD-Fraktion wieder bei Herrn Kellert und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die hochklassige und sicher auch wieder höchst zeitaufwendige Arbeit bedanken, die zu dem vorliegenden Haushaltsentwurf geführt hat.

Vor einem Jahr habe ich meine Haushaltsrede mit der Überschrift versehen: “Ein Haushalt in der Krise und der Kampf um Gestaltungsmöglichkeiten”. Nun kann man überall hören und lesen, die Krise sei vorbei . Das mag bei einem Wachstum des Bruttoinlandsproduktes um 3,6 Prozent im Jahr 2010 auf die Wirtschaft - oder, wahrscheinlicher: auf Teile der Wirtschaft - auch zutreffen; für unsere öffentlichen Haushalte gilt dies zweifelsfrei nicht. Die Presse und die übrigen Medien haben es zwar mit großer Diskretion behandelt, aber das Statistische Bundesamt hat gleichwohl festgestellt, dass die öffentlichen Haushalte der Bundesrepublik im Jahr 2010 eine Defizitquote von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aufgewiesen und damit die nach dem Vertrag von Maastricht maximal zulässige Quote von 3,0 Prozent deutlich überschritten haben.
Darüber hinaus ist ein Risiko hinzugekommen, dessen Dimension vor einem Jahr noch kaum jemand wahrgenommen hat: Wir schreiben unseren Haushalt und unsere mittelfristige Finanzplanung in Euro. Ob es diese Währung am Ende des Finanzplanungszeitraumes noch gibt, kann heute niemand mit Sicherheit sagen.

Völlig unabhängig von diesen und anderen überörtlichen Risiken und Faktoren und trotz des zu erwartenden überraschend guten Ergebnisses des Haushaltsjahres 2010 lässt der vorliegende Haushaltsentwurf die Probleme der Stadt deutlich erkennen. Unter den derzeit gültigen Annahmen für die Aufstellung des Plans und der mittelfristigen Finanzplanung kann der Verwaltungshaushalt für dieses Jahr, aber auch für die Jahre 2012 und 2013, nicht ausgeglichen gestaltet werden. Das in den Jahren 2011 bis 2013 zu erwartende Defizit des Verwaltungshaushalts muss also durch Zuführungen aus dem Vermögenshaushalt ausgeglichen werden. Mit anderen Worten: Um die laufenden Aufgaben zu erfüllen, wird in diesen Jahren das Vermögen der Stadt abgebaut werden müssen. Das kann noch durch die Verminderung der Ende 2013 dann bis auf die gesetzliche Mindestrücklage verbrauchten Rücklage geschehen. Ein unmittelbarer Eingriff in das sächliche Vermögen der Stadt ist also noch nicht erforderlich. Investive Ausgaben sind bei dieser Lage aber nur für die bereits beschlossenen Projekte - und zum Teil finanziert mit der Rückzahlung des der Stadtentwässerung gewährten Darlehens - möglich, wenn eine Neuverschuldung vermieden werden soll. Zum Bemühen um die Vermeidung der Neuverschuldung, also zur Fortsetzung des Konsolidierungskurses, stehen wir. Es sollte aber jedermann bewusst sein, dass die Stadt dringend notwendige Sanierungsmaßnahmen an ihren Gebäuden nicht durchführen kann, was den Wert der nicht sanierten Gebäude natürlich weiter vermindern wird. Auch für den Straßenbau und die Unterhaltung von Wegen und Brücken stehen nur bescheidene Mittel zur Verfügung.
Jede Kreditaufnahme im Kernhaushalt der Stadt zu vermeiden, ist für uns allerdings kein Dogma. Es kann durchaus sein, dass im Finanzplanungszeitraum bisher unvorhergesehene Investitionen notwendig werden, wie es zuletzt mit der Erweiterung der Realschule der Fall war. Es ist zum Beispiel keineswegs sicher, dass uns der marode Zustand der Gemeindehalle in Aldingen nicht zur Sanierung oder zu einem Neubau zwingen wird. Dafür könnte dann eine Neuverschuldung durchaus notwendig werden.

Die Struktur der auf den Verwaltungshaushalt entfallenden Einnahmen ist unverändert: Haupteinnahmequelle ist der Einkommenssteueranteil gefolgt von den Zuweisungen, der Gewerbesteuer, der Grundsteuer und den Gebühren. Auch wenn die Gewerbesteuer nur 10,3 % dieser Einnahmen ausmacht, so ist sie als kommunale Steuer nach unserer Auffassung unverzichtbar. Wir wissen aber um die Tendenzen zur Abschaffung dieser Steuer. Wir halten es deshalb für notwendig, dass die Stadt sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für den Erhalt der Gewerbesteuer und die Einbeziehung der freien Berufe in die Steuerpflicht einsetzt. Auf diesen Erwägungen beruht unser diesbezüglicher Antrag.

Was die Ausgaben des Verwaltungshaushalts anlangt, so stellen die von der Stadt zu entrichtenden und von uns nicht zu beeinflussenden Umlagen mit zusammengerechnet 38,2 % der Gesamtausgaben nach wie vor die größte Belastung dar. Der größte Einzelposten der Ausgaben sind mit 32,0 % die Personalausgaben. Diese werden nach den Planvorgaben im Jahr 2011 um 6,18 % steigen, was in erster Linie daran liegt, dass der Gemeinderat im Vorfeld dieser Haushaltsberatungen eine Stellenmehrung um 13,72 Stellen beschlossen hat. Wir halten diese zusätzlichen Stellen, von denen 11,22 Stellen auf die Kinderbetreuung entfallen, für unabweisbar. Ich darf - wie im vergangenen Jahr - wieder darauf hinweisen, dass der gestiegene Bedarf insbesondere bei der Betreuung von Kleinkindern nicht herbeigeredet, sondern durch die gesellschaftliche Entwicklung bedingt ist. Junge Mütter und Väter können ihren wirtschaftlichen Standard häufig nur erhalten, wenn beide der Erwerbsarbeit nachgehen. Darüber hinaus legen die Betriebe, bei denen diese jungen Eltern beschäftigt sind, aus durchaus nachvollziehbaren Gründen Wert darauf, dass die “Babypause” eben nicht drei Jahre oder mehr beträgt.

Niemand wird bestreiten, dass nicht alle gesellschaftlichen Bedürfnisse von der öffentlichen Hand befriedigt und finanziert werden können. Klar ist aber: Da die Haupteinnahmequelle des Verwaltungshaushalts der uns zustehende Einkommensteueranteil ist, muss die Stadt eine für junge Familien attraktive Kommune bleiben, wenn die Situation nicht noch komplizierter werden soll. Und der Vollständigkeit halber noch der Hinweis: Die Vorgaben des Tagesbetreuungsausbaugesetzes wird die Stadt Remseck auch mit der jetzt beschlossenen Aufstockung des Betreuungspersonals nicht erfüllen können. Dass es den meisten Kommunen ebenso geht, ist ein eher schwacher Trost. Dies weist allerdings deutlich darauf hin, dass die finanzielle Ausstattung der meisten Kommunen ungenügend ist.

Nach unserer Auffassung müssen wir uns bemühen, das Thema Kinderbetreuung konzeptionell breiter zu betrachten. Wir meinen, dass es auszuloten gilt, ob für einen Teil der uns derzeit treffenden Kosten Finanzierungsquellen des Landes aktiviert werden können. Deshalb haben wir beantragt, zu ermitteln, welche Auswirkungen sich für uns ergeben, wenn die Grundschulen - insbesondere die Neckarschule, bei der die entsprechende Infrastruktur schon vorhanden ist - eine Ganztagesbetreuung anbieten würden.

Wir sehen derzeit weder bei den Personalausgaben noch bei den Ausgaben für den sächlichen Verwaltungs- und Betriebsaufwand Einsparungsmöglichkeiten, die über die bereits geplanten globalen Minderausgaben hinausgehen. Obwohl wir wegen der darin liegenden Verlagerung der Verantwortung vom Gemeinderat auf die Verwaltung keine Anhänger von Beschlüssen über globale Minderausgaben sind, tragen wir die vorgesehenen nicht spezifizierten Minderausgaben notgedrungen mit.

Ohne nachkarten zu wollen möchte ich noch feststellen, dass sich die im letzten Jahr beschlossenen Steuer- und Gebührenerhöhungen als dringend notwendig erwiesen haben.

Ein Blick in den Vermögenshaushalt zeigt, dass die Einnahmen aus Grundstückserlösen weiter zurückgehen werden. Wer sich den bis 2015 gültigen Flächennutzungsplan vergegenwärtigt, der wird erkennen, dass diese Entwicklung sich fortsetzen wird. Wir werden also gezwungen sein, auch weiterhin sparsam zu wirtschaften. Wir werden auf absehbare Zeit eben eher den Mangel zu verwalten haben und nicht aus dem Vollen schöpfen können. Es wird deshalb die Aufgabe von Gemeinderat und Verwaltung bleiben, aus der Fülle des Wünschbaren das Notwendige zu erkennen. Das wird allerdings angesichts der Haushaltslage nicht reichen. Es wird erforderlich sein, unter den vorrangig zu lösenden Problemen (nur) die dringendsten in Angriff zu nehmen.

Die SPD-Fraktion wird dem Haushaltentwurf zustimmen.